Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist in Österreich weit verbreitet und kann verschiedene Formen haben - von unerwünschten Kommentaren über sexuelle Themen bis hin zu körperlicher Gewalt. Doch wo beginnt sexuelle Belästigung und was muss der Arbeitgeber bei einem Vorfall tun?

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Nach dem Gleichbehandlungsgesetz gilt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und ist daher verboten.
  • Sexuelle Belästigung kann auf körperlicher, sprachlicher oder medialer Ebene erfolgen.
  • Arbeitgeber haben die Pflicht, Arbeitnehmer_innen vor sexueller Belästigung zu schützen. Kommt es dennoch zu einem Vorfall sexueller Belästigung, haben Betroffene das Recht auf sofortige Einstellung des belästigenden Verhaltens und auf Schutz vor weiteren Übergriffen.

Was gilt als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ein Verhalten, das der sexuellen Sphäre zugehörig ist und

  • die Würde einer Person beeinträchtigt oder bezweckt, die Würde einer Person zu beeinträchtigen und
  • für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann von Vorgesetzten, Kolleg_innen, Kund_innen oder anderen Personen ausgehen und folgende Formen annehmen:

Verbale Belästigung

  • Anzügliche Bemerkungen oder Witze
  • Unerwünschte Aufforderungen (z.B. „setz dich auf meinen Schoß“)
  • Versprechen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entgegenkommen
  • Fragen zu sexuellen Inhalten

Nonverbale oder visuelle Belästigung

  • Starren auf bestimmte Körperteile oder anzügliche Blicke
  • Poster oder Kalender von Pin-ups am Arbeitsplatz (oder auch als Bildschirmschoner am PC)
  • Pornografische Bilder am Arbeitsplatz (z.B. am PC oder Mauspad)

Körperliche Belästigung

  • Sexuell bezogene Berührungen wie Po-Kneifen
  • Unerwünschte sexuelle oder intime Handlungen
  • Wiederholte unerwünschte körperliche Annäherungen (dazu können auch Umarmungen oder der Griff auf die Schulter zählen)

Wer sind die häufigsten Opfer sexueller Belästigung im Berufsleben?

Frauen zählen zu den häufigsten Opfern sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Laut einer Analyse betrafen von 700 Gerichtsurteilen zu sexuellen Übergriffen im Arbeitskontext 675 Frauen. Nur in 25 Fällen waren andere Personengruppen Opfer sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

Besonders gefährdet, sexuell belästigt zu werden, sind zudem homo- und bisexuelle Frauen und Männer sowie transgender, transsexuelle und transidente Menschen.

Pflichten der Arbeitgeber_innen

Arbeitgeber_innen haben laut Arbeitsrecht gegenüber allen Mitarbeiter_innen eine Fürsorgepflicht und müssen sexuelle Belästigungen sowie jede andere Form unzumutbarer Belastungen vermeiden. Kommt es dennoch in einem Unternehmen zu einem Vorfall sexueller Belästigung, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, umgehend Abhilfe zu leisten. Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, weitere sexuelle Belästigungen zu vermeiden. Denn Betroffene sexueller Belästigung haben das Recht auf sofortige Einstellung des belästigenden Verhaltens und auf Schutz vor weiteren Übergriffen. Je nach Schweregrad der Vorwürfe kann der Arbeitgeber die belästigende Person abmahnen, versetzen, kündigen oder fristlos entlassen.

Sollte der Arbeitgeber nicht angemessen reagieren und keine Abhilfe leisten, kann ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber bestehen. Das ist auch der Fall, wenn der Arbeitgeber selbst sexuelle Belästigung ausübt.

Um Arbeitnehmer_innen vor sexuellen Übergriffen zu schützen, können Arbeitgeber viele präventive Maßnahmen treffen. Dazu zählen beispielsweise:

  • Betriebsinterne Leitlinien und Verhaltenskodizes formulieren und bekannt machen.
  • Ein klares Wertesystem im Unternehmen leben, das betriebsinterne Belästigung nicht duldet.
  • Führungskräfte und Mitarbeiter_innen für das Thema sensibilisieren und ausbilden.
  • Eine neutrale Vertrauensperson ausbilden, an die sich Mitarbeiter_innen bei Vorfällen sexueller Belästigungen wenden können.
  • Mitarbeiter_innenbefragungen durchführen.
  • Eine interne Beschwerdestelle einrichten, die Belästigungsvorfälle aufnimmt, untersucht und sanktioniert.

Hilfe für betroffene Personen

Betroffenen von sexueller Belästigung stehen in Österreich verschiedene Anlaufstellen zur Verfügung, um sich Hilfe, Beratung oder Unterstützung zu holen:

  • Betroffene können sich an die Arbeiterkammer im jeweiligen Bundesland wenden.
  • Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist eine weitere wichtige Anlaufstelle und hilft Opfer sexueller Belästigung am Arbeitsplatz mit verschiedenen Unterstützungsleistungen. Unter der Telefonnummer 0800-206119 können aus ganz Österreich persönliche sowie telefonische Beratungstermine vereinbart werden.
  • Der Verein sprungbrett bietet in Kooperation mit der AK Wien kostenlose telefonische Beratung für Betroffene sexueller Belästigung am Arbeitsplatz an. Die Telefonhotline ist österreichweit erreichbar unter 0670 600 70 80.
  • In jedem Bundesland gibt es Frauenberatungsstellen gegen sexuelle Gewalt. Sie bieten betroffenen Mädchen und Frauen kostenlose Unterstützung bei Vorfällen sexueller Gewalt.
  • Die Frauenhelpline gegen Gewalt ist eine kostenlose und anonyme Telefonberatung, die Sie rund um die Uhr unter der Nummer 0800 222 555 erreichen.

Innerbetrieblich können sich Betroffene an Vorgesetzte, Vertrauenspersonen oder an den Betriebsrat wenden.

Gesetzliche Rahmenbedingungen in Österreich und rechtliche Konsequenzen

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist in Österreich sowohl im Gleichbehandlungsgesetz als auch im Strafgesetzbuch geregelt. Die rechtlichen Konsequenzen hängen davon ab, ob die Belästigung zivilrechtlich oder strafrechtlich verfolgt wird.

Nach dem Gleichbehandlungsgesetz haben Sie Anspruch auf einen angemessenen Schadenersatz in der Mindesthöhe von 1.000 Euro gegenüber der belästigenden Person oder dem Arbeitgeber, wenn dieser es unterlässt, die Belästigung zu unterbinden. Der Schadensersatzanspruch kann auch viel höher ausfallen und ist von der Schwere und Dauer der sexuellen Belästigung abhängig. Die Frist, um einen Schadensersatzanspruch vor Gericht geltend zu machen, beträgt im Fall sexueller Belästigung am Arbeitsplatz drei Jahre.

Strafrechtlich kann sexuelle Belästigung eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monatenoder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen nach sich ziehen. Das Strafrecht deckt jedoch ausschließlich körperliche Formen sexueller Belästigungen ab. Verbale odernonverbale Belästigungen werden vom Strafrecht nicht umfasst. Die Verjährungsfrist für die Verfolgung von sexueller Belästigung beträgt fünf Jahre.

Tipps: So können sich betroffene Personen schützen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich gegen sexuelle Belästigung zu wehren, je nachdem, wie schwerwiegend die Situation für Sie ist:

  • Vorfall ernst nehmen: Vertrauen Sie auf Ihre eigene Wahrnehmung. Sie sind die einzige Person, die entscheiden kann, ob Sie sich belästigt fühlen oder nicht.
  • Klare Grenzen setzen: Machen Sie klar, dass Sie unerwünschte Berührungen oder andere Arten sexueller Belästigung nicht akzeptieren. Sprechen Sie die Belästigung direkt an und fordern Sie, dass das Verhalten sofort aufhört. 
  • Fall schriftlich dokumentieren: Notieren Sie sich die Vorfälle sexueller Belästigung schriftlich. Dieses Tagebuch hilft später bei Gesprächen mit Vorgesetzten, vor Kommissionen oder bei sonstigen Befragungen zu dem Thema. Im Fall einer gerichtlichen Austragung dient es zudem als Beweis. Dazu sollten Sie die Vorfälle so detailliert wie möglich protokollieren und stets Ort, Datum, Uhrzeit sowie beteiligte Personen nennen. Sollten Sie von der_dem Belästiger_in Nachrichten erhalten, egal ob in schriftlicher oder elektronischer Form, sollten Sie diese unbedingt aufbewahren. 
  • Unterstützung holen: Vertrauen Sie sich anderen Personen an und achten Sie darauf, dass die Informationen vertraulich behandelt werden, um eine Verleumdungsklage zu verhindern. 
  • Betriebsrat informieren: Erleben Sie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz können Sie sich an Ihren Betriebsrat wenden, dieser kann Sie über Ihre Rechte und Möglichkeiten informieren.
  • Vorgesetzte_n informieren: Sie können den Vorfall auch Ihrer_m Vorgesetzten melden. Diese_r muss sofort reagieren und Sie vor weiteren Übergriffen schützen.
  • Beratung holen: Sie können sich auch bei zuständigen Beratungsstellen wie der Gleichbehandlungsanwaltschaft Informationen und Tipps holen.
  • Rechtliche Schritte einleiten: Vorfälle sexueller Belästigung am Arbeitsplatz können Sie auch vor Gericht bringen. Sie können zum Beispiel eine Klage auf Schadenersatz einreichen oder bei einer körperlichen sexuellen Belästigung eine Strafanzeige wegen sexueller Nötigung erstatten.

FAQs

Wo ist die Grenze zwischen Flirt und sexueller Belästigung?

Verhaltensweisen mit sexuellem Bezug, die von einer Person nicht gewollt ist und für diese Person herabwürdigend ist, gilt als sexuelle Belästigung. Es geht somit darum, wie das jeweilige Verhalten bei der anderen Person ankommt und ob es unerwünscht ist.

Was sind die häufigsten Ursachen für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Das Motiv hinter einer sexuellen Belästigung im Arbeitskontext ist oft Machtausübung oder Ausnützung der Hierarchie. Auch das Ziel, eine_n Konkurrent_in auszuschalten oder die Autorität einer vorgesetzten Person zu untergraben, können Ursachen sexueller Belästigung sein.

Wann kann man jemanden wegen sexueller Belästigung anzeigen?

Strafrechtlich anzeigbar sind Vorfälle sexueller Belästigung ausschließlich, sofern körperliche Handlungen vorliegen. Sexuelle Belästigungen, die nonverbal oder verbal stattfinden, deckt das österreichische Strafrecht nicht ab. Jedoch ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) gedeckt, wodurch eine Anzeige wegen sexueller Belästigung gemacht werden kann, um zivilrechtliche Schadenersatzansprüche einzuklagen.

Diese Seite wurde aktualisiert am: 17. April 2024