Gender-Mainstreaming: gleiche Rechte und Chancen

Gender-Mainstreaming übernimmt in Österreich einen wichtigen Part bei der Förderung von Geschlechtergerechtigkeit. Das Ziel ist, gleiche Rechte und Chancen für Frauen, Männer und andere Geschlechtsidentitäten zu schaffen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Gender-Mainstreaming bedeutet, bei Entscheidungen, Unternehmensstrategien, neuen Gesetzen und Maßnahmen immer auch geschlechtsspezifische Aspekte, Bedürfnisse und Situationen zu berücksichtigen.
  • Ziel von Gender-Mainstreaming ist, bei neuen Projekten eine Ungleichbehandlung von Geschlechtern erst gar nicht entstehen zu lassen. Es ist somit ein präventiver Ansatz, um Diskriminierung und Benachteiligung von Beginn an auszuschließen.
  • Durch Gender-Mainstreaming in der Arbeitswelt werden für Frauen, Männer und Personen mit anderen Geschlechtsidentitäten gleiche Chancen in Bezug auf Beschäftigung, Beförderung und Entlohnung geschaffen.

Was ist Gender-Mainstreaming?

Gender-Mainstreaming ist laut Definition eine Strategie zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Es bedeutet, auf allen Ebenen und bei allen Entscheidungen die Auswirkungen auf die Geschlechter zu berücksichtigen. Ist dieser Ansatz strukturell auf allen Ebenen verankert, können Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern von vorneherein verhindert werden.

Gender-Mainstreaming geht auf feministische Frauenbewegungen und den internationalen Einsatz für Menschenrechte zurück. Erstmals diskutiert wurde der Begriff 1985 auf der 3. UN-Weltfrauenkonferenz in Nairobi. International verwendet wird der Begriff seit 1995, als in Peking die 4. UN-Weltfrauenkonferenz stattfand. Seitdem haben die Vereinten Nationen Gender-Mainstreaming als weltweite Strategie zur Förderung der Geschlechtergleichstellung etabliert.

In welchen Bereichen spielt Gender-Mainstreaming eine Rolle?

Gender-Mainstreaming übernimmt in jedem Bereich und in jeder Branche eine sehr wichtige Rolle. Großen gesellschaftlichen Einfluss hat Gender-Mainstreaming in der Politik und der Gesetzgebung. Die Geschlechterperspektiven spielen gerade bei politischen Entscheidungen eine wesentliche Rolle, da durch diesen Ansatz Gesetze und Maßnahmen entwickelt werden, die die Bedürfnisse und Interessen aller Geschlechter berücksichtigen. Wichtiges Beispiel für Gender-Mainstreaming im Bereich der Politik ist das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG), durch das Diskriminierung gesetzlich verboten ist.

Im Gesundheitsbereich können geschlechtsspezifische Studien beispielsweise dazu dienen, spezifische Gesundheitsrisiken zu identifizieren.

Im Bereich der Bildung dienen geschlechtergerechte Lehrpläne und Lehrmaterialien beispielsweise dazu, Stereotype zu überwinden. Das schafft ein inklusives Lernumfeld.

In der Arbeitswelt spielt Gender-Mainstreaming in Österreich beispielsweise bei der Datenerfassung eine ganz zentrale Rolle. Wenn Datenerhebungen auch die Geschlechterverhältnisse berücksichtigen, können Ungleichheiten aufgedeckt und darauf reagiert werden. Das kann beispielsweise einen eventuellen Gender-Pay-Gap, den Frauenanteil in bestimmten Berufen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen. Auch können Unternehmen Richtlinien entwickeln, die Geschlechtergerechtigkeit fördern. Diese Richtlinien können klare Regelungen und Zielsetzungen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen, zur Umsetzung von flexiblen Arbeitszeitmodellen oder Elternzeitregelungen beinhalten. 

Ein weiterer wichtiger Bereich von Gender-Mainstreaming in der Arbeitswelt ist die Personalpolitik. Unternehmen können eine geschlechtergerechte Personalpolitik umsetzen, indem sie sicherstellen, dass alle Geschlechter gleiche Chancen bei der Einstellung, Beförderung und Entlohnung haben. Gender-Mainstreaming-Beispiele dafür sind die Implementierung von transparenten Auswahlverfahren und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 

Eine nachhaltige Umsetzung von Gender-Mainstreaming bedeutet dabei stets, dass dieser Ansatz in alle Arbeitspraktiken und Abteilungen des Unternehmens integriert wird.

Von großer Bedeutung sind geschlechtsspezifische Aspekte auch im Bereich der Arbeitsinspektion. Gender Mainstreaming wird hier nicht nur betriebsintern, sondern auch extern, sprich bei der Beratung und Kontrolle von Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzmaßnahmen in Betrieben berücksichtigt.

Rechtliche Vorgaben

In Österreich ist die Umsetzung von Gender-Mainstreaming rechtlich verankert. Die grundlegende rechtliche Basis für die Gleichstellung von Frauen und Männern ist die österreichische Verfassung. Zusätzlich legen verschiedene Ministerratsbeschlüsse ganz klare Implementierungsphasen für Gender-Mainstreaming fest. Dazu wurde beispielsweise eine interministerielle Arbeitsgruppe für Gender-Mainstreaming (IMAG GM) eingerichtet, um die Strategie des Gender-Mainstreamings in allen politischen Ressorts und auf allen politischen Ebenen umzusetzen.

Zusätzlich gibt der Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter (GAP III) strenge Vorschriften für die Anwendung und Überwachung von Gender-Mainstreaming in verschiedenen Sektoren vor.

Innerhalb der EU ist Gender-Mainstreaming seit dem Vertrag von Amsterdam im Jahr 1997 verankert. Mit diesem Vertrag wurde festgelegt, dass die EU-Politik die Gleichstellung der Geschlechter berücksichtigen muss.

Was versteht man unter „Gender Budgeting“?

Gender Budgeting bedeutet, auch beim Budgetierungsprozess die verschiedenen Geschlechterperspektiven einzubeziehen. Gender Budgeting zielt darauf ab, bei der Planung und Aufteilung eines Budgets zu berücksichtigen, wie finanzielle Entscheidungen Frauen und Männer unterschiedlich beeinflussen können. Es geht somit um eine geschlechtergerechte Bewertung und Analyse von Haushaltsplänen.

Bei finanziellen Entscheidungen werden im Sinne des Gender Budgeting immer folgende Fragen mitbedacht: „Wie wirkt sich die Entscheidung auf die Gleichstellung der Geschlechter aus und gibt es unterschiedliche Auswirkungen für Männer, Frauen oder Personen mit anderen Geschlechteridentitäten?“

Grundsätze des Gender-Mainstreamings

Um Gender-Mainstreaming in die Praxis umsetzen zu können, dienen fünf Grundsätze als eine Art Leitlinie. Sie stellen sicher, dass die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen berücksichtigt wird:

  1. Geschlechtergerechte Sprache: In Texten oder anderen Kommunikationsmitteln – beispielsweise auch in Gesprächen – werden alle Geschlechter berücksichtigt.
  2. Geschlechterbezogene Datenerhebung und Datenanalyse: Daten werden nach Geschlechtern differenziert erhoben. Das ermöglicht es, Entscheidungen, Produkte und Dienstleistungen an den Bedarf anzupassen.
  3. Gleichberechtigter Zugang und gleichberechtigte Nutzung von Dienstleistungen: Es wird überprüft, ob Dienstleistungen und Produkte unterschiedlich auf Frauen und Männer wirken. Dazu zählt unter anderem, bei der Gestaltung von Dienstleistungen und Produkten die Lebenssituationen aller Geschlechter miteinzubeziehen.
  4. Gleiche Teilhabe von Frauen und Männern: Es werden verbindliche Ziele für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf allen Arbeits- und Entscheidungsebenen gesetzt.
  5. Integration von Gleichstellung in Steuerungsinstrumenten: Gleichstellungsaspekte werden in Steuerungsprozesse mitaufgenommen. Zu den Steuerungsinstrumenten zählen beispielsweise das Qualitätsmanagement, das Controlling und das Gender Budgeting.

Frauenförderung vs. Gender-Mainstreaming: Was ist der Unterschied?

Frauenförderung und Gender-Mainstreaming sind beides wichtige Konzepte, die durch unterschiedliche Ansätze die Gleichstellung der Geschlechter fördern:

 

Frauenförderung

Gender-Mainstreaming

Ansatz

Reaktiver Ansatz – Frauenförderung reagiert auf bereits vorhandene Ungleichbehandlungen. Durch gezielte und genau auf das jeweilige Problem abgestimmte Maßnahmen wird der jeweiligen Ungleichheit entgegengewirkt.

Präventiver Ansatz – Gender-Mainstreaming setzt beim Ursprung an, um Ungleichheiten erst gar nicht entstehen zu lassen. Dazu werden bei allen Entscheidungen wie neuen Gesetzen oder betrieblichen Regelungen die Bedürfnisse, Interessen und Lebenssituationen der Geschlechter berücksichtigt. 

Fokus

Spezielle Bedürfnisse von Frauen

Vielfältige Geschlechteridentitäten und -rollen auf allen Ebenen

Ziel

Durch gezielte Maßnahmen die Chancengleichheit von Frauen zu verbessern und ihre Position in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, zu stärken.

Geschlechtergerechtigkeit in allen Bereichen der Gesellschaft

Umsetzung

Beseitigung von Benachteiligungen, mit denen Frauen konfrontiert sind

Struktureller Einbezug der verschiedenen Geschlechteraspekte auf allen gesellschaftlichen Ebenen

Beispiele für Maßnahmen 

Quotenregelungen, Mentoring-Programme, spezielle Trainings für Frauen am Arbeitsplatz

Geschlechtersensible Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien, Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten und -informationen

Tipp

Das AMS legt auf beide Ansätze einen starken Fokus. Die Frauenförderung besteht beim AMS aus einem umfassenden AMS-Frauenprogramm, das ganz gezielte Angebote für Frauen bietet, die ihre Chancen am Arbeitsmarkt verbessern wollen. Mittels Gender Budgeting wird eine faire Verteilung der finanziellen Mittel aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik gesteuert. Aber auch innerhalb des AMS wird Frauenförderung gelebt. Das zeigt sich durch eine hohe Frauenquote in Führungspositionen, Familienfreundlichkeit und Vielfalt im Unternehmen.

Herausforderungen und Chancen

Gender-Mainstreaming basiert nicht einfach auf einer Maßnahme, die umgesetzt wird, sondern ist ein fest verankerter und fortlaufender Prozess. Daraus ergeben sich viele Chancen, aber auch einige Herausforderungen:

Zu den Chancen zählen:

  • Verbesserung der Chancengleichheit: Durch Gender-Mainstreaming werden geschlechtsspezifische strukturelle Barrieren abgebaut. Dies kann dazu beitragen, Diskriminierung zu bekämpfen und die Teilhabe aller Geschlechter an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu fördern.
  • Stärkung der Wirtschaft: Die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsplatz kann dazu beitragen, das volle Potenzial von Frauen und Männern auszuschöpfen und die Produktivität sowie die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu steigern. Studien zeigen, dass Unternehmen mit einer diversen Belegschaft bessere Ergebnisse erzielen.
  • Bessere Arbeitsbedingungen: In der Arbeitswelt trägt Gender-Mainstreaming dazu bei, faire Arbeitsbedingungen für Frauen und Männer zu schaffen. Es fördert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und unterstützt eine inklusive Unternehmenskultur.
  • Bessere politische Entscheidungen: Die Integration von Geschlechterperspektiven in politische Entscheidungsprozesse kann zu Politikmaßnahmen führen, die die Bedürfnisse und Interessen aller Geschlechter berücksichtigen.
  • Förderung sozialer Gerechtigkeit: Werden Geschlechteraspekte in allen Bereichen der Gesellschaft berücksichtigt, können bestehende Ungleichheiten und Benachteiligungen aufgedeckt und reduziert werden. Das schafft eine inklusive Gesellschaft.

Herausforderungen von Gender-Mainstreaming sind: 

  • Widerstand und Skepsis: Mangelndes Verständnis für die Notwendigkeit von Geschlechtergerechtigkeit kann eine große Hürde darstellen. Einige Organisationen und Individuen sehen Gender-Mainstreaming als überflüssig, bürokratisch oder kostspielig an.
  • Praktische Umsetzung: Die Umsetzung von Gender-Mainstreaming ist in der Praxis sehr komplex. Das birgt die Gefahr, dass die Umsetzung nicht effektiv ist. 
  • Kulturelle Normen und gesellschaftliche Stereotype: Um Gender-Mainstreaming in Organisationen oder Gesellschaften zu integrieren, müssen häufig die bestehenden Prozesse, Arbeitsroutinen und Strukturen angepasst werden. Tief verwurzelte kulturelle und gesellschaftliche Normen können die Umsetzung von Gender-Mainstreaming erschweren. Das gilt besonders für konservative oder patriarchale Gesellschaften, in denen Geschlechterstereotype und -diskriminierung weitverbreitet sind.
  • Mangelnde Daten: In manchen Bereichen fehlt es an Daten zu geschlechtsspezifischen Unterschieden und Bedürfnissen. Das erschwert die Entwicklung von Maßnahmen zum Umsetzen von Gender-Mainstreaming.
  • Messbarkeit: Es ist oft schwierig, den Erfolg von Gender-Maßnahmen zu quantifizieren und zu evaluieren.
  • Ressourcenmangel: Häufig fehlen finanzielle und personelle Ressourcen, um Gender-Mainstreaming effektiv umzusetzen. Das kann dazu führen, dass Programme und Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit nicht ausreichend unterstützt werden.

FAQs

Was ist das Ziel von Gender-Mainstreaming?

Das Ziel von Gender-Mainstreaming ist, die Interessen und Lebenssituationen aller Geschlechter bei allen Entscheidungsprozessen miteinzubeziehen und damit die Gleichstellung der Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen zu fördern.

Welche Rolle spielt Gender-Mainstreaming in der österreichischen Arbeitsinspektion?

Gender-Mainstreaming in der österreichischen Arbeitsinspektion betrifft den Bereich des Arbeitsschutzes und fördert faire Arbeitsbedingungen für alle Geschlechter. Es wird sichergestellt, dass bei der Beratung und der Kontrolle von Arbeitsbedingungen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Risiken von Frauen und Männern berücksichtigt werden. 

Was ist Diversity Mainstreaming?

Diversity Mainstreaming ist ein Ansatz, der darauf abzielt, Vielfalt in allen Bereichen einer Gesellschaft oder eines Unternehmens zu fördern. Diversity Mainstreaming geht somit über den Aspekt der Geschlechtergleichstellung hinaus. Ziel ist, dass jeder Mensch unabhängig von Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft und Alter gleichberechtigt behandelt wird.

Diese Seite wurde aktualisiert am: 19. September 2024