New (Digital)Skills am Arbeitsmarkt: Welche neuen Kompetenzen brauchen Mitarbeiter/innen im Zuge der Digitalisierung?
AMS-Projektreihe „New Skills“ erhebt mit Unternehmen den Aus- und Weiterbildungsbedarf – Zertifizierung digitaler Kompetenzen notwendig
Die fortschreitende Digitalisierung verändert rasch sämtliche Lebensbereiche, auch den Arbeitsmarkt. Damit verändern sich auch die Anforderungen der Unternehmen an die Beschäftigten. Welche neuen Kompetenzen brauchen Mitarbeiter/innen im Zuge der Digitalisierung? Das Arbeitsmarktservice (AMS) setzt 2019 im Rahmen der Projektreihe „Standing Committee für New Skills“ einen eigenen Schwerpunkt zum Thema „Digitalisierung“. Gemeinsam mit den Forschungsabteilungen sowie Personalentwicklern und -verantwortlichen großer und mittlerer Unternehmen wird der künftige Qualifikationsbedarf der Wirtschaft im Hinblick auf die Digitalisierung am Arbeitsmarkt erforscht. In eigenen Workshops mit Unternehmen aus den Bereichen Tourismus, Handel, Bau und Bauökologie, Produktion sowie Büro und Verwaltung werden die relevanten Aus- und Weiterbildungsbedarfe der Unternehmen identifiziert, die sich aus dem Themenkomplex der Digitalisierung am Arbeitsmarkt ergeben. Die Ende des Jahres vorliegenden Ergebnisse werden - wie auch schon bei den vorangegangenen AMS New Skills Projekten - die Grundlage für gezielte Weiterbildungsangebote des AMS bilden und den Unternehmen als Information zur Planung ihrer betrieblichen Weiterbildungen zur Verfügung gestellt.
Digital Skills der Mitarbeiter/innen sind Top-Thema für den Tourismus
„Digital Skills der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Top-Thema für die Tourismus-Dienstleistungen der Zukunft. Klar ist, dass wir daher vor allem in die Qualifikationen unserer Fachkräfte investieren müssen, damit diese mit der Digitalisierung auf Du sind. Mehr als 40 Prozent der Arbeitsplätze in Österreich werden sich einschneidend verändern und damit entstehen immer neue Jobprofile, wie das Beispiel der Veränderungen im Bereich der Hotel-Rezeptionisten zeigt. Deshalb setzt die Wirtschaftskammerorganisation in ihrer kürzlich gestarteten Bildungsoffensive durchgehend auf die digitale Komponente in der beruflichen Aus- und Weiterbildung“, betont WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz, die in diesem Zusammenhang auch auf die neue Doppellehre für Tourismus-Allrounder und das Lehrlingsplus von 1,2 Prozent im Tourismus verweist. In Hinblick auf das Mega-Thema Fachkräftemangel betonte Schultz das AMS „als wichtigen Partner“, der die überregionale Vermittlung als ganz wichtiges Thema in seiner Arbeit verankert hat. Zudem biete das AMS mit – nun unbefristet verlängert - Impulsberatung für Betriebe ein „maßgeschneidertes Instrument“ um Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität zu setzen, so Schultz.
Positiver Zusammenhang von Digitalisierung und regionalem Beschäftigungswachstum
„Die Digitalisierung ist eine große Herausforderung für jedes Unternehmen, für die einzelne ArbeitnehmerIn, für unser Land und für Europa als Ganzes. Zurzeit sind es China und die USA die die Digitalisierung vorantreiben und sie sind uns Europäern gefühlte Lichtjahre voraus. Wenn Europa nicht zu einem Freilichtmuseum für angestaubte Technik und Vorgehensweisen aus dem letzten Jahrhundert verkommen will, dann müssen wir die richtigen Rahmenbedingungen für dieses digitale Zeitalter schaffen – und dabei spielt die Aus- und Weiterbildung eine ganz zentrale Rolle“, stellt Peter Bosek, Privatkundenvorstand der Erste Group Bank AG, fest. „Ich bin davon überzeugt, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Digitalisierung und regionalem Beschäftigungswachstum gibt, auch wenn die Digitalisierung zweifellos auch dazu führt, dass sich Berufsinhalte und Tätigkeitsschwerpunkte verschieben. Bei der Erste Group erleben wir durch die Digitalisierung einen stark gewachsenen Bedarf an Personen mit ausgeprägten analytischen und interdisziplinären Fähigkeiten – und diese Skills setzen gestiegene Ansprüche an Qualifikationen sowie der Ausbildung als solches voraus, ganz gleich ob es sich etwa um Softwareentwickler oder um Business Analysten handelt. Wir suchen händeringend nach qualifizierten Fachkräften, um unseren digitalen Vorsprung bei der Plattform George sowie in vielen anderen Bereichen auszubauen. So haben wir aktuell 50 offene Stellen bei unserem George-Team und auch unsere IT-Dienstleistungstochter s IT Solutions Austria sucht momentan etwa 40 IT-Experten -- insbesondere Personen mit Skills in den Bereichen Agile, Cybersecurity, User Experience, Data Analysis, IT Architecture, Machine Learning und Artificial Intelligence sowie Robotics“, so Bosek weiter.
Digitalisierung führt im Handel zur Entstehung neuer Berufe
„Die Digitalisierung führt natürlich zur Entstehung neuer Berufe – auch im Verkauf. Bei BILLA haben wir jetzt Lehrlinge, die Einzelhandelskaufmann/frau mit Schwerpunkt „Digitaler Verkauf“ lernen. Da geht es um Verkaufstätigkeiten mit Hilfe mobiler oder stationärer digitaler Endgeräte, z.B. Tablets, aber auch um die Beratung von Kundinnen und Kunden im Onlineshop. Die REWE Group bildet als eine der ersten Lehrlinge zu „E-Commerce Kaufmann/frau“ aus – hier liegt der Fokus klar auf Online Handel und Online Vertriebskanälen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Online Handel zunimmt, dementsprechend suchen wir auch auf der Fläche immer mehr Menschen mit digitalem Verständnis und Kompetenzen. Das zieht sich durch die Arbeitsbereiche genauso wie durch die Altersgruppen. Auch unsere Lagermitarbeiter im FFC Lager des Online Shops müssen bei der Arbeit mit Kommissioniergeräten digitale Skills mitbringen. Das Schöne ist, dass man grundsätzlich alles lernen kann – man benötigt nur das Interesse, die Offenheit und den Willen sich neue Kompetenzen anzueignen. Auch wenn jüngere Arbeitnehmer/innen mit dem Thema „Digitalisierung“ bereits von Kindheit an konfrontiert sind, wäre es falsch, der älteren Zielgruppe 50+ eine Lernbereitschaft mit neuen Medien abzusprechen. Wichtiger denn je ist vernetztes Denkvermögen, um komplexe Sachverhältnisse besser verstehen zu können“, betonte Johannes Zimmerl, Direktor Konzernpersonalwesen der REWE International AG
Digitalisierung führt zur Veränderung bestehender Berufe und Berufsbilder
Neben der Entstehung neuer Berufe führt die Digitalisierung auch zur Veränderung bestehender Berufe und Berufsbilder. „So müssen beispielsweise Rezeptionist/innen mit Online-Buchungen umgehen und Lagerarbeiter/innen Lagerlogistiksoftware bedienen können. Während die Automatisierung in der Vergangenheit in erster Linie manuelle Arbeit ersetzt hat, wird es in Zukunft immer häufiger möglich werden, auch die sogenannte „Wissensarbeit“ zu automatisieren. Akademische Tätigkeiten werden sich hin zu Konzeption, Kontrolle und Bewertung von automatisierten Analysen verlagern. Fähigkeiten zur Selbstorganisation, Problemlösung und kritischem Bewerten von Informationen werden in Zukunft für Arbeitnehmer/innen unabdingbar. Der Umgang mit digitalen Werkzeugen wird für alle Berufsgruppen zu einer Schlüsselkompetenz in der Arbeitswelt 4.0. So wird beispielsweise im AMS in ganz Österreich heuer die eAkte eingeführt, die entsprechenden digitalen Kompetenzen im Umgang mit der eAkte sind damit für alle Mitarbeiter/innen Voraussetzung. In vielen bestehenden Berufen werden somit heute Fähigkeiten verlangt, die vor einigen Jahren noch nicht nachgefragt wurden. Dazu kommen Aspekte der Globalisierung, die Anforderungen an Fremdsprachenkenntnisse in wesentlich mehr Berufen stellen als früher. Hier entstehen viele neue Herausforderungen bei der Qualifizierung von Beschäftigten“, erklärte Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich.
AMS: Zertifizierung digitaler Kompetenzen notwendig
„Um die digitalen Kompetenzen von Arbeitnehmer/innen zu objektivieren und vergleichbar zu machen, ist die Zertifizierung digitaler Kompetenzen notwendig. Wir halten die Einführung eines „austrian certificate of digital competences“, das heißt eines sogenannten Leistungsnachweises für digitale Kompetenzen für höchst sinnvoll, haben bereits erste Vorarbeiten dazu geleistet und werden daher auch die entsprechenden Bemühungen von Bundesministerin Margarete Schramböck tatkräftig unterstützen“, so Johannes Kopf. Das Zertifikat könnte Arbeitnehmer/innen Basiskompetenzen - wie beispielsweise im Bereich Datenschutz, sozialer Netzwerke sowie Recherche und Bewertung von Informationen und Quellen im Internet - sowie darauf aufbauend weitere höhere Stufen der digitalen Kompetenz attestieren. Auch die Ausweitung der Zertifizierung digitaler Kompetenzen auf einzelne Branchen wäre aus Sicht von Arbeitnehmer/innen, Unternehmen und Weiterbildungsinstitutionen durchaus nützlich, so Kopf abschließend.
Diese Seite wurde aktualisiert am: 11. März 2020