Lehrlingsausbildung

Lehrlinge sind bedeutend für die wirtschaftliche Zukunft eines Landes, steuern hochqualifiziertes fachliches Wissen bei und sind unerlässlich für viele Unternehmen. Doch wie läuft die Lehrlingsausbildung ab, wer kann eine Lehre absolvieren und wie wird diese abgeschlossen? Hier finden Sie alle Details.

Was ist eine Lehrlingsausbildung?

In Österreich hat die Lehrlingsausbildung bereits lange Tradition. Alle Personen, die die neunte Schulstufe erfolgreich absolviert haben, sind berechtigt, eine Lehrlingsausbildung in Angriff zu nehmen. Die Kosten hierfür werden von der Ausbildungsstätte übernommen.

Im Zuge eines dualen Ausbildungssystems werden sowohl Praxisorientierung im Lehrbetrieb ermöglicht, als auch theoretisches Fachwissen sowie allgemeinbildende Inhalte während der Berufsschule vermittelt. Rund 80% der Lehrzeit wird im Rahmen der praktischen Ausbildung absolviert, die restlichen 20% werden die Lehrlinge in der Berufsschule unterrichtet. Durch diese zweigliedrige Ausbildung bekommen Lehrlinge eine vollständige Berufsausbildung, erhalten Schlüsselkompetenzen innerhalb eines Fachgebiets und werden als Fachkräfte in der jeweiligen Branche anerkannt.

Die Dauer der Lehre variiert je nach Schwerpunkt beziehungsweise Fachgebiet und beträgt zwischen zwei und vier Jahren, wobei die meisten Lehrlingsausbildungen drei Jahre dauern. Ausgebildet werden Lehrlinge von qualifizierten Kräften im Betrieb sowie von Personal der Berufsschule. Abgeschlossen wird die Lehre mit der Lehrabschlussprüfung.

Wer darf Lehrlinge ausbilden?

Während in der Berufsschule ausgebildete Lehrkräfte den Lehrlingen theoretisches Know-How vermitteln, gibt es in Lehrbetrieben Ausbilderinnen/Ausbilder, die das Praxiswissen weitergeben. Diese müssen über berufspädagogische Kompetenz verfügen, die rechtlichen Aspekte beherrschen und fachliche Informationen weitergeben können.

Demnach müssen die Ausbilderinnen/Ausbilder entweder einen speziellen vierzig-stündigen Kurs abschließen oder eine Prüfung absolvieren, um für die Lehrlingsausbildung berechtigt zu sein.

In großen Unternehmen gibt es häufig eigens dafür angestellte Personen, in kleineren und mittelgroßen Betrieben ist die/der Lehrberechtigte oftmals die Betriebsinhaberin/der Betriebsinhaber. 

Die Zusammenarbeit zwischen der Schule und dem Betrieb ist in der Regel gut. Die Lehrbeauftragten tauschen sich im Zuge mehrerer Gespräche über die Leistungen und Fähigkeiten der Lehrlinge, über spezielle Ausbildungstools, fachliche oder betriebliche Neuerungen und Weiterentwicklungen sowie Förderungen aus.

Warum werden Lehrlinge ausgebildet?

Grundsätzlich wird auf Sinnhaftigkeit und Kostenersparnis Wert gelegt, wodurch die Auszubildenden produktive Arbeit erledigen und so im Zuge von tatsächlich zu verrichtenden Tätigkeiten lernen.Lehrlinge gelten als Investition in die Zukunft. Unternehmen haben großes Interesse, begabte und lernwillige Jugendliche fachmännisch auszubilden. Obwohl ein Lehrling nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung nicht im Betrieb bleiben muss, ist die Wahrscheinlichkeit hierfür groß, wodurch für beide Seiten Vorteile entstehen.

Ferner sind die sozialen und gesellschaftlichen Vorteile der Lehrlingsausbildung nicht außer Acht zu lassen, da beispielsweise die Jugendarbeitslosigkeit gesenkt und jungen Menschen Perspektiven und gute Jobaussichten geboten werden.

Tipp

Informieren Sie sich gleich über alle aktuell ausgeschriebenen Lehrlingsstellen in Österreich. Alle Informationen hierzu erhalten Sie bei der AMS Lehrstellenbörse.

Welche Funktion hat eine Lehrlingsstelle?

Die Lehrlingsstelle fungiert als zentraler Ansprechpartner im jeweiligen Bundesland für sämtliche Angelegenheiten rund um die Lehrlingsausbildung in Österreich:

  • Berufsausbildungsbehörde erster Instanz
  • Überwachung der betrieblichen Ausbildung sowie der Einhaltung aller Rechtsvorschriften
  • Überprüfung der sachlichen Eignung des Betriebs sowie der personellen Fähigkeit der/des Lehrbeauftragten
  • Protokollierung und Kontrolle der Lehrverträge
  • Abwicklung der Lehrabschlussprüfungen
  • Bearbeitung der Förderansuchen der Lehrbetriebe
  • allgemeine Anlaufstelle für sämtliche Lehrlinge und Lehrbetriebe

Womit wird die Lehre abgeschlossen?

Nach erfolgreich absolvierter Berufsausbildung kann auf freiwilliger Basis eine Lehrabschlussprüfung (Abkürzung LAP) absolviert werden. Die Anwärterinnen/Anwärter müssen hierfür einen Antrag stellen und erhalten eine Freistellung seitens des Betriebs sowie die Übernahme der Kosten. Die Prüfung erfolgt durch Berufsexperten. Bei Nichtbestehen im ersten Anlauf kann, wiederum auf Antrag, die Prüfung beliebig oft wiederholt werden, allerdings fallen hierfür häufig Gebühren an, die dann vom Prüfling selbst zu tragen sind.

Die gesetzlich mindestens vorgeschriebene Weiterbeschäftigungszeit innerhalb des Betriebs beträgt nach erfolgreich absolvierter Lehrabschlussprüfung drei Monate.

Lehre mit Matura und deren Vorteile

In Österreich erfreut sich das Modell Lehre mit Matura großer Beliebtheit sowohl bei den Lehrlingen selbst als auch bei den Unternehmen.

Hierbei besteht die Möglichkeit, die Matura während der Lehrzeit zu machen, wobei in den Unterrichtsfächern Deutsch, Mathematik, einer lebenden Fremdsprache sowie in einem Fachbereich Prüfungen absolviert werden müssen.

Obwohl dieses Ausbildungssystem in den verschiedenen Bundesländern eigenständig geregelt wird, gibt es generell zwei unterschiedliche Modelle der Lehre mit Matura:

  • Begleitendes Modell
    Es erfolgt keine Anrechnung der Vorbereitungszeit auf die Arbeitszeit, wodurch keine Auswirkungen auf den Lehrvertrag, die Entlohnung oder die Versicherungsleistung entstehen.
  • Integriertes Modell
    Hier erfolgt eine Anrechnung der Maturavorbereitung auf die Arbeitszeit, wobei die Lehrzeit verlängert werden kann, sofern dies von beiden Seiten gewünscht ist.

Die Vorteile der Lehre mit Matura liegen auf der Hand:

Die Lehrlinge profitieren von

  • einer umfangreichen fachlichen Ausbildung sowie einer guten Allgemeinbildung.
  • der Möglichkeit, unmittelbar nach erfolgreich absolvierter Ausbildung eine qualifizierte Tätigkeit durchführen zu können.
  • guten Aufstiegschancen im Unternehmen sowie einer profunden Startposition für den gesamten Arbeitsmarkt im jeweiligen Fachbereich.
  • einem eigenen Einkommen während der Ausbildungszeit.

Unternehmen genießen die folgenden Vorteile:

  • Gewissheit, dass die (zukünftigen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in bester Qualität ausgebildet wurden.
  • Sicherheit, dass Lehrlinge den Betrieb bereits kennen, fachliches Know-How mitbringen und dies unmittelbar nach der Ausbildungszeit anwenden können.
  • Förderungen und keine Zusatzkosten für das Modell Lehre mit Matura.  

Auslandspraktika für Lehrlinge

Eine besonders attraktive Möglichkeit, welche sich Lehrlingen bietet, ist ein Auslandspraktikum. Unternehmen, die ihren Lehrlingen während der Ausbildungszeit ein solches ermöglichen, erhalten Förderungen für das Lehrlingseinkommen für den Zeitraum des Praktikums, was die Angelegenheit für beide Seiten interessant gestaltet.

Sowohl die Lehrlinge selbst als auch die Betriebe profitieren von einer umfangreichen zusätzlichen beruflichen und schulischen Weiterbildung sowie der Erlangung von erhöhter internationaler Kompetenz. Organisiert werden die Auslandspraktika über den Internationalen Fachkräfteaustausch (IFA), Unterstützung erhalten Interessierte vom Österreichischen Austauschdienst (OeAD GmbH).

Rechtliche Grundlagen

Selbstverständlich müssen auch im Rahmen der Lehre gewisse rechtliche Grundlagen und Gesetze beachtet werden.

  • Berufsausbildungsgesetz (BAG)
    Hier sind sämtliche rechtliche Grundlagen geregelt, die im Zuge der Lehre zum Tragen kommen.
  • Ausbildungsordnung und Prüfungsordnung
    Für jeden in Österreich zugelassenen Lehrberuf gibt es eine Ausbildungs- und eine Prüfungsordnung, welche vom Wirtschaftsministerium verordnet werden. Diese sind verbindlich in allen Betrieben einzuhalten. Hier sind beispielsweise das Berufsprofil, das Berufsbild, die Lehr- und Prüfungsinhalte sowie die zu vermittelnden Kompetenzen geregelt.
  • Lehrberufsliste
    In dieser Auflistung sind alle gesetzlich anerkannten gewerblichen Lehrberufe inklusive Angabe der Lehrzeitdauer, etwaigen verwandten Lehrberufen sowie die mögliche Anrechnung von bereits absolvierten Lehrzeiten aufgezählt.
  • Lehrvertrag
    Zwischen dem Betrieb und dem Lehrling wird ein Lehrvertrag in schriftlicher Form abgeschlossen. Wenn die/der Auszubildende noch minderjährig ist, muss dieser von der gesetzlichen Vertreterin/vom gesetzlichen Vertreter unterzeichnet werden. Aspekte wie die Berufsbezeichnung, die Lehrzeitdauer, Beginn und Ende der Ausbildung sowie ein Hinweis auf die Berufsschulpflicht sind unbedingt anzuführen.
  • Feststellungsbescheid
    Jeder Betrieb benötigt einen Feststellungsbescheid beziehungsweise einen gleichwertigen Qualifikationsnachweis für die Mitarbeiterin/den Mitarbeiter, der für die Ausbildung der Lehrlinge zuständig ist.

Diese Seite wurde aktualisiert am: 29. Oktober 2024