Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt: Arbeitsmarktsituation & das Frauenprogramm des AMS

Trotz steigender Erwerbsquote sind Frauen am Arbeitsmarkt nach wie vor deutlich schlechter positioniert als Männer. Mit dem Frauenprogramm des AMS werden gezielte Maßnahmen zur Frauenförderung gesetzt, um die Benachteiligungen in der Arbeitswelt auszugleichen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Frauen sind am Arbeitsmarkt benachteiligt:
    Das gilt insbesondere in puncto Einkommen, Branchen, Teilzeit und Führungspositionen. Zusätzlich erledigen Frauen zwei Drittel der unbezahlten Arbeit, zu der die Kinderbetreuung, der Haushalt und die Betreuung von zu pflegenden Erwachsenen zählt.
  • Der Gender Pay Gap ist in Österreich sehr hoch:
    Der Verdienst von Frauen ist im Durchschnitt 18,8 Prozent geringer als jener von Männern. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern ist diese geschlechtsspezifische Lohnlücke sehr hoch.
  • Frauenförderung braucht maßgeschneiderte Programme:
    Zum Ausgleich der Ungleichheiten am Arbeitsmarkt fördert das AMS arbeitslose Frauen stärker. Das AMS hat weiters ein gezieltes arbeitsmarktpolitisches Frauenprogramm entwickelt.

Die Situation am Arbeitsmarkt

Der österreichische Arbeitsmarkt weist eine Reihe geschlechtsspezifischer Merkmale auf. Wir haben uns die einzelnen Aspekte im Detail angesehen:

Frauen verdienen immer noch deutlich weniger als Männer

Frauen verdienen in Österreich laut Eurostat im Durchschnitt 18,8 Prozent (Stand 2021) weniger als Männer. Im EU-Schnitt liegt diese geschlechtsspezifische Lohnlücke, auch Gender Pay Gap genannt, bei 12,7 Prozent. Damit ist die Lohnlücke zwischen Mann und Frau in Österreich deutlich über dem EU-Durchschnitt.

Einkommensunterschiede bestehen für Frauen zudem bereits beim Berufseinstieg und werden in allen Berufsgruppen und Branchen verzeichnet. Der Gender Pay Gap ist in Branchen mit hohem Lohnniveau, wie bei der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen sowie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, besonders hoch. Auch eine Berufswahl in besser bezahlten Branchen bringt somit keine gleiche Entlohnung von Mann und Frau. 

Noch eklatanter ist der Gender Pay Gap für Frauen mit Beeinträchtigungen. Für Beschäftigte in Österreich mit einer Behinderung von mindestens 50 Prozent (sogenannte “begünstigte Behinderte”) beträgt der geschlechtsspezifische Einkommensunterschied 25,2 Prozent (Stand 2018). Noch höher ist er für Frauen mit Behinderung ohne Behindertenpass und Begünstigtenstatus. Für diese Gruppe beträgt der Gender Pay Gap 30,4 Prozent (Stand 2018).

Als Berechnungsgrundlage für den Gender Pay Gap werden die Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern in privatwirtschaftlichen Unternehmen mit zehn oder mehr Beschäftigen herangezogen. Unterschiede in der Arbeitszeit sind berücksichtigt. 

Frauen arbeiten öfter in Teilzeit

Teilzeitbeschäftigung ist nach wie vor weiblich: 78,1 % (Stand 2022) aller in Österreich tätigen Teilzeitbeschäftigten sind Frauen

Bei einem gesonderten Blick auf die Erwerbstätigkeit der Frauen zeigt sich, dass 50,7 % aller erwerbstätigen Frauen in Teilzeit arbeiten. Bei den Männer ist diese Zahl sehr gering: nur 12,6 % der erwerbstätigen Männer sind teilzeitbeschäftigt. Ein Grund für die Teilzeitbeschäftigung sind Betreuungspflichten von Kindern oder pflegebedürftigen Erwachsenen.

Durch lange Zeiten in Teilzeitbeschäftigung können Frauen in die sogenannte Teilzeitfalle geraten. Die geringeren Wochenarbeitsstunden schlagen sich nicht nur im geringeren Verdienst nieder, sondern bewirken auch geringere Pensionszahlungen im Alter.

Frauen arbeiten öfter in Branchen mit niedrigem Lohnniveau und geringen Aufstiegschancen

Verdienstmöglichkeiten und Aufstiegschancen sind sehr stark branchenabhängig. Von allen erwerbstätigen Frauen sind die meisten in folgenden Branchen tätig:

  • Gesundheits- und Sozialwesen: 18,4 %
  • Handel: 16,6 %
  • Bildung: 15,9 %

Die Branchen mit den höchsten Anteilen an unselbständig erwerbstätigen Männern sind:

  • Herstellung von Waren: 25,6 %
  • Bauwesen: 13,7 %
  • Handel: 11,7 %

Am geringsten vertreten sind Frauen in den Branchen Information und Kommunikation (3,5 %) sowie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (4,2 %). Bezüglich des möglichen Einkommens sind dies jedoch Branchen, die hohe Verdienstmöglichkeiten versprechen:

So würden Frauen mit einer 30 Jahre dauernden Teilzeitbeschäftigung von 20 Wochenstunden in der Branche Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mehr verdienen, als bei einer durchgängigen Vollzeitbeschäftigung in der Branche Gastronomie und Beherbergung. (Quelle: Wifo Studie 2023)

Diese branchenspezifische Ungleichverteilung weist zudem große regionale Unterschiede auf. In Wien ist das Ausmaß der Ungleichheit am geringsten, in Oberösterreich, Vorarlberg, Steiermark und Kärnten am größten. 

Frauen tragen meist die Hauptlast der unbezahlten Arbeit in den eigenen vier Wänden

Unbezahlte Arbeit, wie die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen sowie Tätigkeiten im Haushalt, wird in Österreich zu zwei Drittel von Frauen geleistet. Das hat Auswirkungen auf  Erwerbsarbeit, Verdienstmöglichkeiten und Karriereperspektiven. Gleichzeitig bedeutet die Übernahme von unbezahlter Arbeit für viele Frauen eine Doppel- oder Mehrfachbelastung.

Frauen sind am Arbeitsplatz häufiger geschlechterspezifischer Diskriminierung ausgesetzt

Zu geschlechtsspezifischen Diskriminierung zählen:

  • Sexuelle und geschlechtsbezogene Belästigung
  • Benachteiligungen aufgrund von Schwangerschaft oder Elternschaft
  • Geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede
  • Diskriminierung bei Beförderung 
  • Weitere Benachteiligungen im Arbeitsverhältnis
  • Geschlechtsspezifische Stellenausschreibungen

Frauen nehmen seltener Führungspositionen ein

Obwohl Frauen so gut ausgebildet sind wie nie zuvor, sind sie in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Das betrifft nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Wissenschaft und Forschung, Politik und den öffentlichen Sektor.

Das arbeitsmarktpolitische Frauenprogramm des AMS

Das AMS hat die Schieflage am österreichischen Arbeitsmarkt schon lange erkannt. Deshalb haben viele arbeitsmarktpolitische Maßnahmen des AMS zum Ziel, die Situation für Frauen am Arbeitsmarkt zu verbessern. 

Neben Leistungsbezügen (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe) setzt das AMS zahlreiche aktive Maßnahmen zur Frauenförderung. Dazu zählen frauenspezifische Förderungen für Beschäftigung, Qualifizierung und Unterstützung. 

Ein Kernelement der Gleichstellungsstrategie des AMS ist das arbeitsmarktpolitische Frauenprogramm, das aus drei verschiedenen Angeboten besteht, die exklusiv unseren Kundinnen zur Verfügung stehen:

1) Die Frauenberufszentren

Ein österreichweites Beratungs- und Berufsorientierungsangebot, in dem Frauen maßgeschneidert an ihrer beruflichen Laufbahn arbeiten können. Zum Angebot der Frauenförderung gehören berufliche Orientierung, Kompetenzerhebung, Karriereplanung, Qualifizierung und Unterstützung bei der Jobsuche. 

Jetzt alle Infos zu den Frauenberufszentren holen. 

2) Wiedereinstieg unterstützen

Eine spezielle Beratung für Menschen, die nach einer meist längeren familienbedingten Unterbrechung wieder am Arbeitsmarkt Fuß fassen wollen. Speziell für Frauen gibt es den Kurs „Wiedereinstieg mit Zukunft“, der bereits während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld besucht werden kann.

So unterstützt das AMS Ihren Wiedereinstieg.

3) Frauen in Handwerk und Technik (FiT)

Ein Bildungsprogramm speziell für junge Frauen und Frauen, die sich für einen technischen und/oder handwerklichen Beruf interessieren. Mit diesem Qualifizierungsprogramm, das besonderen Wert auf die durchgehende Unterstützung und Beratung der Kundinnen legt, trägt das AMS dazu bei, die geschlechtsspezifische Teilung am Arbeitsmarkt in schlecht bezahlte Frauenbranchen und besser bezahlte Männerbranchen aufzubrechen.

Zum Programm "Frauen in Handwerk und Technik (FiT)

Gender Budgeting im AMS

Neben dem frauenspezifischen Ansatz in der Beratung und bei den Angeboten für Kundinnen verfolgt das AMS sein gleichstellungspolitisches Ziel auch mit einer überproportionalen Förderung von arbeitslosen Frauen. 

Das Gender Budgeting Ziel des AMS besagt, dass pro Jahr vier Prozent mehr Fördermittel an Frauen ausgeschüttet werden, als der Frauenanteil an der jährlichen Arbeitslosenrate beträgt. 

Vorbildhafte Gleichstellungsarbeit

Eine starke Gleichstellungsstrategie verfolgt das AMS aber nicht nur in Bezug auf die Arbeitsmarktförderung, auch bei seinen Mitarbeiter_innen setzt das AMS auf Frauenförderung:

  • Der Frauenanteil in Führungspositionen liegt im AMS dank konsequenter Karriereförderung mittlerweile bei über 50 Prozent.
  • Im Jahr 2020 wurde dem AMS erstmals das Vollzertifikat berufundfamilie des Familienministeriums verliehen. Die Auszeichnung erhalten Unternehmen, die sich hohe Ziele bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie setzen und viele Maßnahmen auch überprüft umsetzen.
  • Den Frauentag begeht das AMS Österreich mit der Gewissheit, starke Gleichstellungsziele zu leben und Frauen jeden Tag des Jahres ein gutes Angebot machen zu können.
  • Seit 2017 organisiert das AMS jährlich einen Gleichstellungstag. An diesem Tag informieren die Gleichstellungsbeauftragten jeder Landesorganisation und jeder regionalen Geschäftsstelle gezielt über Vereinbarkeitsthemen und -inhalte. Ziel ist, alle Informationen österreichweit zu verbreiten, sodass alle AMS-Mitarbeiter_innen von den Maßnahmen zur Gleichstellung erfahren. 

FAQs

Werden Frauen im Berufsleben benachteiligt?

Frauen sind Männern am Arbeitsplatz in vielen Aspekten nicht gleichgestellt. Einer dieser Aspekte ist das Einkommen. Frauen verdienen in Österreich im Durchschnitt 18,8 % weniger als Männer. Auch ist in Österreich die Teilzeitquote der Frauen höher als der EU-Durchschnitt von 29,5 %. Frauen sind zudem häufiger in Berufen und Branchen tätig, die schlechter bezahlt sind und nehmen seltener Führungspositionen ein. Eine weitere Benachteiligung liegt darin, dass Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit, wie Kinderbetreuung und Haushalt, erledigen. 

Welche Ziele hat sich das AMS gegen die Ungleichheit gesetzt?

Um die Benachteiligungen, mit denen Frauen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind, zu beseitigen bzw. zu reduzieren, hat das AMS spezielle Maßnahmen zur Frauenförderung - das Frauenprogramm - entwickelt. Das Programm umfasst Angebote zur Berufsorientierung, zum Wiedereinstieg in den Beruf nach der Elternkarenz, zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Förderung von Frauen in Handwerk und Technik. Das AMS setzt sich auch für die Bekämpfung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern ein. 

Wie unterstützt mich das AMS in meiner Karriere?

Das AMS bietet arbeitsuchenden Frauen frauenspezifische Informationen und Bildungsangebote sowie Beratung und Förderung an. Ganz egal, ob berufliche Neu- und Umorientierung oder Wiedereinstieg nach der Elternkarenz – das AMS unterstützt arbeitsuchende Frauen mit individueller Beratung und Berufsorientierung, entwickelt maßgeschneiderte Qualifizierungsmaßnahmen und bietet Workshops zu frauenspezifischen Arbeitsmarktthemen.