Gender Pay Gap: Was tun gegen ungleiche Bezahlung von Mann und Frau?

Männer verdienen in Österreich mehr als Frauen, und zwar auch für die gleiche Tätigkeit und bei ähnlichen Qualifikationen. Das ist per Gesetz diskriminierend. Mit dem Gender Pay Gap wird sichtbar, wie viel Frauen weniger verdienen als Männer.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Gender Pay Gap Definition: Einfach erklärt, ist es die Lohnlücke zwischen Mann und Frau. Der Gender Pay Gap ist in Österreich mit 18,4 % sehr hoch (Stand 2022), das zeigt sich im Vergleich mit anderen europäischen Ländern.
  • Gründe für den Gender Pay Gap können Bildung, Alter, Beruf, Arbeitszeit oder Berufserfahrung von Arbeitnehmer_innen sein. So sind Frauen vielfach in Berufen mit niedrigerem Einkommen tätig. Auch arbeitet ein großer Teil der erwerbstätigen Frauen Teilzeit. Doch ein Teil des Einkommensunterschiedes ist unerklärbar.
  • Eine unterschiedliche Entlohnung von Mann und Frau für die gleiche Tätigkeit bei ähnlicher Berufserfahrung und Qualifikation gilt nach dem Gleichbehandlungsgesetz als diskriminierend.

Definition: Was ist der Gender Pay Gap?

Der Gender Pay Gap zeigt an, wie hoch der durchschnittliche Lohnunterschied von Frauen und Männern ist. Der Gender Pay Gap wird als prozentualer Anteil des durchschnittlichen Brutto-Stundenlohns von Männern angegeben. Zur Berechnung des Gender Pay Gaps wird folgende Formel verwendet:

Formel

[(Durchschnittlicher Brutto-Stundenlohn der Männer - Durchschnittlicher Brutto-Stundenlohn der Frauen) / Durchschnittlicher Brutto-Stundenlohn der Männer] x 100

Es werden zwei Arten des Gender Pay Gap unterschieden: der unbereinigte und der bereinigte Gender Pay Gap:

  1. Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht die durchschnittlichen Brutto-Stundenlöhne aller Arbeitnehmer_innen. Faktoren wie Qualifikation, Alter, Branche oder Arbeitszeit werden nicht miteinbezogen.
  2. Beim bereinigten Gender Pay Gap werden strukturelle Faktoren wie die Branchenzugehörigkeit, Beruf, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit, Alter, Ausbildung, Unternehmensgröße und Art des Arbeitsvertrags bei der Berechnung berücksichtigt. Damit kann der Lohnunterschied auch für gleiche oder vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikationen gemessen werden.

Die aktuelle Lage in Österreich

Der Gender Pay Gap lag im Jahr 2022 in Österreich bei 18,4 % (Berechnung des unbereinigten Gender Pay Gaps nach Eurostat). Je nach Bundesland variiert die Einkommensschere jedoch sehr. Am niedrigsten ist der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen in Wien. Am höchsten ist er in Vorarlberg, gefolgt von Oberösterreich und Tirol. 

So unterschiedlich der Gender Pay Gap bereits innerhalb Österreichs ist, so breit gefächert ist er auch in den EU-Ländern. Österreich zählt zu den Ländern mit dem höchsten Gender Pay Gap. Nur Estland verzeichnet im Jahr 2022 mit 21,3 % einen höheren geschlechtsspezifischen Lohnunterschied. Luxemburg ist das einzige europäische Land mit einer sehr ausgeglichenen Bezahlung von Mann und Frau, hier beträgt der Gender Pay Gap -0,7 % im Jahr 2022.

Gehaltsschere mit akademischem Grad

Eine höhere Bildung von Frauen führt nicht unbedingt dazu, dass sich der Gender Pay reduziert. Einige Studien belegen sogar das Gegenteil:

Je höher die Bildung, desto höher ist der Gender Pay Gap. Laut einer OECD-Studie von 2019 erhalten Frauen in Vollzeitbeschäftigung, die eine akademischen Abschluss vorweisen können, nur rund 75 % des Einkommens von vollzeitbeschäftigten Männern mit gleichem Bildungsabschluss. Die geschlechtsspezifische Lohnlücke unter Akademiker_innen liegt damit bei rund 25 %.

Beispiel

Frau M. arbeitet bei einem internationalen Pharmaunternehmen und leitet für diesen Konzern die Qualitätssicherung. Sie hat einen Master in einem naturwissenschaftlichen Studium und acht Jahre facheinschlägige Berufserfahrung. Für diese Vollzeitbeschäftigung verdient Frau M. 69.000 Euro brutto pro Jahr.

Für die gleiche Position erhält Herr M. ein Bruttojahresgehalt von 87.500 Euro. Auch er hat einen Master in einem naturwissenschaftlichen Studium und verfügt über eine vergleichbare Berufserfahrung wie Frau M.

Gründe für den Gender Pay Gap

Die Gründe für die hohen Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau sind vielfältig und nur teilweise erklärbar. Zu den wesentlichen Einflussfaktoren zählen:

  • Branchen- und Berufswahl:
    Rund 24% des geschlechtsspezifischen Lohngefälles sind auf die Überrepräsentation von Frauen in relativ schlecht bezahlten Branchen wie Handel, Pflege und Gesundheit sowie Bildung zurückzuführen.
  • Teilzeitquote:
    50,7% aller erwerbstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit (Stand 2022). Im Vergleich dazu ist die Teilzeitquote der Männer relativ gering – sie beträgt 12,6%
  • Leistung unbezahlter Arbeit:
    Frauen verbringen mehr Stunden mit unbezahlter Arbeit, indem sie für die Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen und den Haushalt zuständig sind. Im Durchschnitt arbeiten erwerbstätige Frauen pro Woche 27 Stunden unbezahlt im Haushalt.
  • Führungspositionen:
    Frauen haben seltener Führungspositionen als Männer. In der EU wird nur rund ein Drittel der Aufsichts- und Verwaltungsgremien börsennotierter Unternehmen von Frauen besetzt. 
  • Lohntransparenz:
    Ob Männer und Frauen gleiches Entgelt bei gleicher oder ähnlicher Tätigkeit erhalten, kann in vielen Fällen nicht nachvollzogen werden. Denn viele Unternehmen legen nicht offen, wie viel ihre Arbeitnehmer_innen verdienen.
  • Diskriminierung:
    In manchen Fällen verdienen Frauen auch bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit weniger als Männer.

Welche Maßnahmen werden gegen den Gender Pay Gap gesetzt?

Um den Gender Pay Gap zu verringern, wurden bereits viele Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene ergriffen oder Initiativen ins Leben gerufen. Dazu zählen unter anderem:

  • Seit 1979 gilt in Österreich das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG). Mit diesem Gesetz erhielten alle Arbeitnehmer_innen das Recht auf gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit. Eine Diskriminierung bei der Entlohnung zwischen Frauen und Männern ist demnach verboten. Zusätzlich fördert dieses Gesetz die Einkommensgleichheit durch folgende Vorgaben:
    - Seit 2012 sind Unternehmen verpflichtet, bei Stellenausschreibungen anzugeben, wie hoch das kollektivvertragliche Mindestentgelt ist.
    - Seit 2014 müssen Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitnehmer_innen alle zwei Jahre einen Einkommensbericht erstellen. In diesem muss angegeben werden, wie viele Frauen und Männer in einer kollektivvertraglichen Verwendungsgruppe eingestuft sind. Zusätzlich muss das arbeitszeitbereinigte Durchschnittseinkommen von Frauen und Männern in der jeweiligen Gruppe angegeben werden.  
  • Seit 1957 ist der Grundsatz des gleichen Entgelts in den Europäischen Verträgen verankert.
  • 2004 wurde die EU-Richtlinie 2004/113/ als Teil des Antidiskriminierungsrechts der EU festgelegt. In dieser Richtlinie wird ein Rahmenwerk von Mindestvorschriften mit dem Ziel festgelegt, die Gleichstellung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sicherzustellen. Einige dieser Vorschriften wurden auf nationaler Ebene im Rahmen des GlBGs umgesetzt.
  • Mit April 2023 hat der Rat der EU eine neue EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz angenommen. Durch diese Vorschriften sollen Arbeitnehmer_innen einen besseren Zugang zu Informationen über die Entgelthöhen erhalten. Auch die Kriterien für die Entgeltbestimmung sollen offengelegt werden. Außerdem müssen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten über das geschlechtsspezifische Lohngefälle in ihrer Organisation Bericht erstatten und Maßnahmen ergreifen, wenn die geschlechtsspezifische Lohnlücke über 5% liegt.
  • Bewusstseinsbildung, um Informationen über den Gender Pay Gap in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Dazu werden in Österreich jährlich rund um den Equal Pay Day verschiedene Aktionen gesetzt. Der Equal Pay Day ist jener Tag, ab dem Frauen aufgrund der Lohnlücke bis zum Jahresende unentgeltlich arbeiten.
  • Durch Beratung von Unternehmen soll die Einkommenslücke direkt dort bekämpft werden, wo sie entsteht. Dies geschieht beispielsweise durch das Projekt „“. Finanziert mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Arbeitsministeriums erhielten Unternehmen Beratung, wie sie Gleichstellungsmaßnahmen umsetzen, Entgeltsysteme transparent und Karrierechancen fair gestalten können.
Tipp

Auch das AMS bietet im Rahmen des Programms Impulsberatung für Unternehmen Hilfestellungen im Bereich chancengerechtes Personalmanagement an. 

Maßnahmen des AMS

Frauen sind am Arbeitsmarkt in vielen Bereichen schlechter gestellt als Männer. Ein Teil dieser Benachteiligung ist die Lohndiskriminierung. Aus diesem Grund hat sich das AMS ein Gleichstellungsziel gesetzt:

„Frauen und Männer sind gleichermaßen auf existenzsichernden, ökonomische Unabhängigkeit gewährleistenden Arbeitsplätzen ins Erwerbsleben integriert.“

Um die Gleichstellung von Frau und Mann am Arbeitsplatz zu fördern, hat das AMS verschiedene Maßnahmen entwickelt:

  1. Qualifizierung von Frauen in nicht-traditionellen Berufen.
  2. Berufliche Beratung, Laufbahnplanung und Karriereförderung für Frauen, um die Chancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen und den Zugang zu Führungspositionen zu erleichtern.
  3. Förderung des Selbstvertrauens von Frauen anhand frauenspezifischer Unterstützungsangebote.
  4. Spezielle Angebote für Frauen, die nach der Elternkarenz arbeitslos sind und Unterstützung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt benötigen.

Konkret umgesetzt werden diese Maßnahmen anhand folgender Angebote und Programme:

Zur Erfüllung des Gleichstellungsziels hat sich das AMS auch ein eigenes Gender Budgeting Ziel gesetzt, das eine Mehrförderung von Frauen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorsieht.

Was können Sie als Arbeitnehmer_in tun, wenn Sie von Lohndiskriminierung betroffen sind?

Wenn Sie von geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden im Unternehmen erfahren, haben Sie mehrere Möglichkeiten:

  1. Sie können sich bei der Arbeiterkammer beraten lassen.
  2. Sie können ein Gespräch mit dem Betriebsrat suchen.
  3. Sie können die Gehaltsunterschiede auch direkt bei Ihrer_Ihrem Vorgesetzten ansprechen und eine gerechte Entlohnung einfordern.
  4. Sie können die Gleichbehandlungsanwaltschaft kontaktieren. Diese kann prüfen, ob der bekannt gewordene Einkommensunterschied vom Gleichbehandlungsgesetz gedeckt ist.
Unser Tipp für Gehaltsverhandlungen:

Stellen Sie Gehaltsforderungen immer wieder, um den Arbeitgeber_innen im Gedächtnis zu bleiben. Zudem gilt: Rückschläge bei Gehaltsverhandlungen nicht persönlich zu nehmen. Eine abgelehnte Gehaltserhöhung ist keine Bewertung Ihrer Arbeit!

FAQs

Warum ist der Gender Pay Gap in Österreich so hoch?

Ein Grund für den hohen Gender Pay Gap in Österreich ist die hohe Teilzeitquotevon Frauen. Während in Österreich rund 50,5 % der Frauen teilzeitbeschäftigt sind, arbeiten nur rund 11 % der Männer in Teilzeit. Ein weiterer Grund ist, dass Frauenhäufig in Branchen und Berufen mit geringeren Verdienstmöglichkeiten tätig sind. Auchsind in Österreich weniger Frauen als Männer in Führungspositionen. Frauen übernehmen zudem mehr unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen. Das beeinflusst die Erwerbsbeteiligung und das Einkommen.

Warum verdienen Frauen immer noch weniger?

Dass Frauen noch immer weniger verdienen als Männer hat verschiedene Ursachen und hängt stark von Faktoren wie der Berufswahl, der Erwerbsbiografie, der Verhandlungsmacht aber auch der gesellschaftlichen Schlechterstellung von Frauen zusammen. So unterbrechen Frauen öfter ihre Erwerbstätigkeit, um sich um Kinder oder Angehörige zu kümmern, was ihre Karrierechancen und ihr Einkommen verringert. Auch verhandeln Frauen seltener und weniger erfolgreich über ihr Gehalt als Männer. Doch auch für die gleiche Arbeit und bei ähnlicher Ausbildung verdienen Frauen weniger als Männer und das ist Diskriminierung.

Was ist eine Gehaltsschere? 

Eine Gehaltsschere oder Einkommensschere bezeichnet die Kluft zwischen den Gehältern bestimmter Personengruppen. So zeigt die geschlechtsspezifische Gehaltsschere beispielsweise den Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Einkommen von Frauen und Männern, was auch als Gender Pay Gap bezeichnet wird. 

Diese Seite wurde aktualisiert am: 15. April 2024