Tiroler Arbeitsmarkt geht mit Rekordarbeitslosigkeit ins neue Jahr

Arbeitslosigkeit und Beschäftigung auch im Dezember im Schatten von Corona - erster Rückblick auf die Bilanz des Krisenjahres 2020 – vorsichtig positiver Ausblick auf 2021


  • Veröffentlicht 04.01.2021
  • Bundesland Tirol

Bei einem prognostizierten Stand von 346.000 unselbständig Beschäftigten (ein Minus von 12.000 Personen im Vorjahresvergleich) und 38.727 vorgemerkten Arbeitslosen betrug zum Stichtag 31.12.2020 die Arbeitslosenquote in Tirol 10,1 % (Dezember 2019: 4,2 %).

Im Dezember 2020 kam es mit +22.944 oder +145,4 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zu einem deutlichen Anstieg an vorgemerkten arbeitslosen Personen. Gleichzeitig stieg in Österreich die Arbeitslosigkeit um +109.887 Personen oder +31,4 % auf insgesamt 459.682.

 „Der Abschluss des Krisenjahres 2020 zeigt in aller Deutlichkeit, dass unser Bundesland speziell vom 3. Lockdown und dem verschobenen Start der Wintersaison betroffen ist. Im Dezember 2020 traf somit die saisonale Winterarbeitslosigkeit im Bau auf das nach wie vor großteils arbeitslos gemeldete Personal in Gastgewerbe und der Hotellerie; ein noch nie dagewesenes Szenario in Tirol.
Die nächsten Wochen werden weiterhin schwierig für den Tiroler Arbeitsmarkt sein
,“ kommentiert Alfred Lercher, Landesgeschäftsführer des AMS Tirol. „Wir wissen zwar, dass ein großer Teil der heute arbeitslos gemeldeten Menschen nach Abschwächen der Pandemie im Laufe von 2021 schnell wieder in den Arbeitsmarkt integriert sein wird. Große Sorgen bereitet uns aber der extrem starke Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit (ein Plus von 106%) - ein Faktor, der uns noch lange Zeit beschäftigen wird.

Ein erster Blick auf die Ergebnisse des Jahres 2020 gegenüber dem Vorjahr zeigt eine dramatisch gestiegene Arbeitslosenzahl in Tirol, und zwar um +77,4 % bzw. 12.619 Personen auf 28.928 vorgemerkte Arbeitslose im Jahresschnitt.

 „Eine Erholung am Arbeitsmarkt korreliert stark mit der weiteren Entwicklung der Wirtschaftsdaten im Zuge der Covidkrise. Leider reagiert der Arbeitsmarkt dann zeitverzögert – und es wird in Tirol doch noch einige Zeit brauchen bis wir wieder das gute Niveau der Vorjahre erreicht haben werden. Wir werden aber in guter Tradition gemeinsam mit dem Land Tirol, den Sozialpartnern und allen Agierenden am Arbeitsmarkt intensiv in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren,“ so Lercher.

Der Ausblick für das Jahr 2021 fällt aufgrund der positiven Entwicklungen bei der Impfstoffentwicklung und ausgehend von einer historisch hohen Arbeitslosigkeit insbesondere für die zweite Jahreshälfte vorsichtig positiv aus.
Für Österreich wird für das Jahr 2021 ein Rückgang der Arbeitslosigkeit um ca. -14.500 Personen prognostiziert, die unselbstständige Aktivbeschäftigung wird um ca. +39.100 Personen bzw. +1,1 % steigen. Somit könnte die Arbeitslosenquote in Österreich wieder geringfügig von 10,0 % auf 9,6 % sinken. In Tirol ist von einer ähnlichen Entwicklung auszugehen, wobei der Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Anstieg der unselbstständigen Beschäftigung aufgrund der stärkeren Betroffenheit im Krisenjahr 2020 etwas deutlicher ausfallen könnte.
Dieser Ausblick soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Vorkrisenniveau der Arbeitslosigkeit aus dem Jahr 2019 voraussichtlich erst in 5 bis 6 Jahren wieder erreicht werden kann. Die derzeitigen Unsicherheiten in punkto Wintersaison, drohende Insolvenzen und Kündigungen sowie mögliche Kettenreaktionen aufgrund internationaler Handelsbeziehungen oder eines durch Corona beschleunigten Strukturwandels könnten die wirtschaftliche Erholung zusätzlich verlangsamen.

ARBEITSLOSIGKEIT

- nach Geschlecht:                   
Sowohl bei den 18.041 Frauen (+12.843 Personen oder +247,1 %) als auch bei den 20.686 Männern (+10.101 Personen oder +95,4 %) kam es zu einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit.

- nach Alter:                             
Nach Altersgruppen betrachtet, ist die Arbeitslosigkeit bei allen Altersgruppen gestiegen. Bei den 584 Jugendlichenzwischen 15 und 19 Jahren stieg die Arbeitslosigkeit um +82,5 % oder +264 Personen. Bei den 3.781 arbeitslosen 20- bis 24-Jährigen kommt es zu einem Anstieg um +122,4 % oder +2.081. Bei den 23.169 Personen zwischen 25 und 49 Jahren ist die Arbeitslosigkeit um +155,8 % oder +14.112 gestiegen. Bei den 11.193 Personen über 50 Jahren stieg die Arbeitslosigkeit um +137,8 % oder +6.487 Personen.

- nach Herkunftsland:                
Von den insgesamt 38.727 arbeitslosen Personen sind 14.006 Personen AusländerInnen. Das sind um +9.483 Personen oder +209,7 % mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahrs.

- nach Ausbildung:                  
40,7 % der insgesamt 38.727 arbeitslosen Personen haben maximal eine abgeschlossene Pflichtschulausbildung. Der Anteil der betroffenen Personen mit Lehrausbildung beträgt 39,4 %. 8,2 % der arbeitslosen Personen besitzen eine höhere Ausbildung, 4,5 % einen akademischen Abschluss.

- Langzeitarbeitslosigkeit:         
Bei den 1.904 länger als 1 Jahr vorgemerkten Arbeitslosen ist ein Anstieg um +983 Personen oder +106,7 % zu verzeichnen. Die Zahl der 6 Monate und länger Vorgemerkten stieg um +4.189 Personen oder +194,3 % auf 6.345.

- Dynamik:                              
Tirol verzeichnet einen Zugang in die Arbeitslosigkeit von 9.933 Personen, das sind um +628 oder +6,7 % mehr als im Vorjahresvergleich. Aus der Arbeitslosigkeit abgegangen sind im Dezember 4.131 Personen, das sind um -11.517 oder -73,6 % weniger als im Vorjahr.

- nach Regionen:                     
Nach Regionen betrachtet kommt es in allen Tiroler Bezirken zu einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit In Landeck stieg die Zahl der arbeitslos vorgemerkten Personen um +502,5 % oder +3.452 Personen. Es folgen Reutte (+500,0 % oder +1.525), Kitzbühel (+272,5 % oder +2.842), Schwaz (+233,0 % oder +3.432), Imst (+175,8 % oder +2.532), Lienz (+95,2 % oder +1.249), Kufstein (+88,4 % oder +2.291) und Innsbruck (+81,1 % oder +5.621).

- nach Wirtschaftsklasse:         
Den größten Anstieg nach Wirtschaftsabschnitten betrachtet, gab es im Abschnitt Beherbergung und Gastronomie mit +13.362 Personen oder +863,7 %. Im Wirtschaftsabschnitt Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen stieg die Arbeitslosigkeit um +2.020 Personen oder +100,7 %. Es folgen der Abschnitt Verkehr und Lagerei mit einem Anstieg um +1.528 Personen oder +181,7 %, Erbringung von sonstigen irtschaftlichen Dienstleistungen mit einem Anstieg um +1.439 Personen oder +82,5 % und der Abschnitt Herstellung von Waren mit einem Anstieg um +991 Personen oder +68,1 %. Auch im Wirtschaftsabschnitt Bau ist die Arbeitslosigkeit um +978 Personen oder +21,9 % höher als im Vorjahr.

- nach Beruf:                           
Nach ausgewählten Berufsobergruppen ist der markanteste Anstieg im Fremdenverkehr mit +12.920 Personen oder +1.013,3 %, im Handel mit +1.592 Personen oder +125,6  %, im Verkehr mit +1.081 Personen oder +118,3 %, in der Reinigung mit +1.070 oder +127,4, bei den Hilfsberufen mit +1.020 oder +57,0 % und in den Büroberufen mit +984 Personen oder +67,2 % feststellbar.

AL und Schulung:                    
Inklusive der Personen in einer AMS-Schulung betrug die Zahl der beim AMS Tirol vorgemerkten Personen Ende Dezember 2020 40.656, das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um +22.938 oder +129,5 %.

Schulung:                                
Mit Stichtag 31.12.2020 befanden sich 1.929 Personen in Schulungs- und Ausbildungsaktivitäten des AMS Tirol. Das sind im Vorjahresvergleich um -6 Personen oder -0,3 % weniger.

Stellenmarkt:                          
Im Laufe des aktuellen Monats Dezember wurden dem AMS Tirol 1.530 Stellen gemeldet, das ergibt ein Minus von 1.236 Stellen oder -44,7 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Zum Stichtag 31.12.2020 betrug der Bestand an sofort verfügbaren offenen Stellen 2.751, ein Rückgang um -3.303 Stellen oder -54,6 %. Die Laufzeit bis zur Besetzung einer freien Stelle beträgt 40 Tage.

Lehrstellenmarkt:                   
Ende Dezember 2020 waren insgesamt 1.752 Lehrstellen zur Besetzung gemeldet (Anstieg um +306 oder +21,2 %). Davon standen 547 (-45 oder -7,6 %) für sofortige, 1.205 Lehrstellen (+351 oder +41,1 %) für zukünftige Vermittlung bereit. Lehrstellensuchend ließen sich insgesamt 531 Personen registrieren, das sind im Vorjahresvergleich um +84 Personen oder +18,8 % mehr.

Diese Seite wurde aktualisiert am: 04. Januar 2021